Eva, 22 Jahre
Vor knapp drei Jahren wurden bei mir Humane Papillomaviren - HPV diagnostiziert. Winzige, hartnäckige Viren mit einer Größe von rund 50 Nanometer. 10.000 mal kleiner als ein herkömmliches Salzkorn! Klein, aber mit großer Wirkung. Rund 75% aller sexuell aktiven Personen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV. Die meisten Infektionen erfolgen über Geschlechtsverkehr und bleiben unbemerkt sowie asymptomatisch. In manchen Fällen können die Viren jedoch vom eigenen Körper nicht abgewehrt werden. Persistieren sie für längere Zeit, so können sie bei Frauen am Gebärmutterhals sowie bei beiden Geschlechtern im Anal- oder Kopf-Halsbereich zu Krebsvorstufen und Krebs führen. Dieser Umstand führte auch bei mir zu Krebsvorstufen im Bereich des Gebärmutterhalses.
Geschlechtskrankheiten. Ein Thema über das nur wenig gesprochen wird.
Zum Zeitpunkt meiner Diagnose hatte ich wenig Ahnung über HPV und wie lange mich dieses Virus letztendlich begleiten würde. Dunkel erinnerte ich mich an eine eher neue und unpopuläre Impfung, welche ich in der Schulzeit nicht wahrnahm. Eine Entscheidung die ich heute anders treffen würde.
Mein damaliger Gynäkologe berichtete mir über verschiedenste HPV Typen. Zum einen über gutartige, sogenannte low-risk Typen, welche vor allem Feigwarzen verursachen. Zum anderen über bösartige high-risk Typen, die bei langjähriger Persistenz zu Krebs und Krebsvorstufen führen können. Er sprach davon, dass das Immunsystem der meisten Patientinnen in meinem Alter gut mit den Viren klarkomme und sie nach einiger Zeit abwehren würde.
Bei mir wurden damals sowohl high- als auch low-risk Typen identifiziert.
In den folgenden Jahren wurden deshalb halbjährlich sowohl PAP als auch HPV Abstriche abgenommen, um die Progression der Erkrankung im Auge zu behalten. In dieser Zeit beschäftigte ich mich ausgesprochen viel mit dem Thema HPV und dessen Auswirkungen, Prävention und Therapie. Ich machte einige Studien ausfündig, welche sich vor allem mit der Stärkung des Immunsystems mittels Ernährung und Supplementen beschäftigten. Ausgesprochen gesunde Ernährung, Grünteekapseln und vaginale Spülungen gehörten ab sofort zu meinem Alltag.
Ich war grundsätzlich gesund, jung, ernährte mich ausgewogen und betrieb viel Sport. Eigentlich perfekte Voraussetzungen für eine gute Virus Abwehr. Doch das Virus blieb hartnäckig. Kontrolle für Kontrolle wurden zwar weniger Virustypen festgestellt, doch der krebserregende Typ 16 persistierte. Ratlosigkeit. Nach 1,5 Jahren wurden im PAP Ausstrich schlussendlich Veränderungen am Gebärmutterhals erkannt. Dies führte dazu, dass ich an eine spezielle Dysplasie Ambulanz in einem nahegelegenen Krankenhaus überwiesen wurde. Es folgten erneut halbjährliche Tests mittels Kolposkop, einem speziellen Mikroskop zur Begutachtung des Gebärmutterhalses. Durch das Auftragen bestimmter Lösungen können hierbei bestimmte Zellen besonders gut angefärbt und Rückschlüsse auf Krebs oder Krebsvorstufen gezogen werden.
Ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich nicht mehr wusste, was ich ändern könnte, um dieses Virus endlich los zu werden. Auch psychisch wurde das Thema immer mehr zur Herausforderung. Dysplasie, Krebs, Krebsvorstufen, Operation. So viele Wörter, die plötzlich eine ganz andere Bedeutung bekamen.
Als Medizinstudentin waren Arztbesuche, Krankenhäuser und Untersuchungen schon immer eher mit Neugier als mit Angst verbunden. Doch die Situation veränderte sich. Auf der anderen Seite zu stehen, im Ungewissen drüber wie es weiter gehen sollte, im Ungewissen darüber wie die nächsten Untersuchungen ausfallen würden war eine ganz andere Erfahrung.
2,5 Jahre nach der Infektion waren schlussendlich zu starke Zellveränderungen an meinem Gebärmutterhals zu finden. Es wurde beschlossen diese Krebsvorstufen mittels einer Schlingenkonisation operativ zu entfernen. Trotz meines medizinischen Wissens über dieses Thema hatte ich plötzlich so viele Fragen. Welche Folgen würde diese Operation haben? Würde ich jemals Kinder bekommen können? ...
Nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch wurde mir erklärt, dass bei diesem Eingriff ein kegelförmiges Stück meines Gebärmutterhalses und somit die pathologischen Veränderungen
entfernt werden würden. Dieser Eingriff ist heutzutage zur Routine geworden und das Risiko für Früh- und Fehlgeburten in zukünftigen Schwangerschaften nur minimal erhöht. Auch das Risiko einer postoperativen Blutung hat sich mittlerweile minimiert.
Die Operation wurde tageschirurgisch durchgeführt und verlief soweit gut. Alle pathologischen Areale wurden vollständig entfernt. Mit einem Gefühl der Erleichterung und ohne Schmerzen konnte ich noch am selben Tag entlassen werden. Es folgte ein Monat voller Schonung sowie Sport- und Bade Verbot, um die Heilung nicht zu behindern.
Vor der OP wurde mir gesagt es bestehe ein geringes Risiko einer postoperativen Nachblutung. Aufgrund eines etwas anderen Aufbaues der Gefäße im Gebärmutterhals, können sich diese beim Ablösen eines Wundschorfs nicht so schnell wie herkömmliche Blutgefäße verschließen. Am zehnten postoperativen Tag sollte mir auch dies nicht erspart bleiben. Die Situation war zugegebener Maßen etwas beängstigend. Noch nie hatte ich in so kurzer Zeit so viel Blut verloren. Es folgte erneut ein Besuch im Krankenhaus. Gut 2 Stunden voller Bemühungen, Tamponaden, einer kreislaufstabilisierenden Infusion und der Notoption einer Verödung im OP später, konnte die hartnäckige Blutung schlussendlich doch noch in der Ambulanz gestillt werden.
Seither verliefen alle Kontrollen ohne Probleme und auch die HPV Impfung wurde nachgeholt.
Die jährlichen gynäkologischen Kontrollen sehe ich heute mit ganz anderen Augen. Sie sind für mich die Chance jedes Jahr wieder die Gewissheit zu bekommen, dass alles in Ordnung ist und die Chance wichtige Fragen und Anliegen mit meinem Gynäkologen genau besprechen zu können.
Ich hoffe ich kann durch dieses Statement das Thema HPV ein Stück mehr enttabuisieren!
In den letzten Jahren habe ich erfahren wie wenig Wissen über HPV in der Bevölkerung herrscht und wie wenig präventive Maßnahmen angenommen werden! Eine Durchimpfungsrate von weniger als 50% ist äußerst besorgniserregend! Es ist mir ein Anliegen viele Menschen dazu zu bewegen sich präventiv impfen zu lassen um sich einen Weg, wie den meinen, zu ersparen. Es gibt keinen vernünftigen Grund gegen die Impfung, aber so viele Gründe dafür!
Zu guter Letzt möchte ich Sie auffordern die jährliche Kontrolluntersuchungen wirklich ernst zu nehmen, um die Früherkennung jeglicher Erkrankungen zu fördern!
Denn, Vorsorge ist bekanntlich die geringste Sorge!